Sehen macht blind
Unsere Sinnesorgane
Unsere Sinnesorgane speisen die neuronalen Vernetzungen mit Informationen von außen – so zumindest der Glaube. Die Sinne befähigen uns, die Welt wahrzunehmen, mit ihr zu interagieren und in ein passendes, entsprechendes Handeln zu übertragen. Bei uns Menschen können Sinneswahrnehmungen durch physikalische, chemische, mechanische und Lichtreize entstehen. Fische ergänzen die Liste mit elektrischen und Vögel mit magnetischen Feldern. Für den Menschen sind diese letztgenannten leider nur indirekt wahrnehmbar.
So spricht die Natur hinabwärts [sic!] zu andern Sinnen, zu bekannten, verkannten, unbekannten Sinnen; so spricht sie mit sich selbst und zu uns durch tausend Erscheinungen. Dem Aufmerksamen ist sie nirgends tot noch stumm; ja dem starren Erdkörper hat sie einen Vertrauten zugegeben, ein Metall, an dessen kleinsten Teilen wir dasjenige, was in der ganzen Masse vorgeht, gewahr werden sollten. So mannigfaltig, so verwickelt und unverständlich uns oft diese Sprache scheinen mag, so bleiben doch ihre Elemente immer dieselbigen. Mit leisem Gewicht und Gegengewicht wägt sich die Natur hin und her, und so entsteht ein Hüben und Drüben, ein Oben und Unten, ein Zuvor und Hernach, wodurch alle die Erscheinungen bedingt werden, die uns im Raum und in der Zeit entgegentreten.
Wir erleben unsere Welt nicht als passive Beobachter, sondern als aktive Schöpferin und Schöpfer und, wir sind gleichzeitig das Werk. Mit unseren Augen sehen wir zwar die Welt, aber wir entscheiden in unserem Inneren, was wir sehen wollen. Wir sehen nicht das Außen, wie es wirklich ist. Eine weitere Besonderheit fällt im Auge auf: Ohne Licht, also ohne das Sehen, verbraucht der ständig fließende Strom in den Sehzellen (Dunkelstrom) viel mehr Energie als beim Sehen. Mit Licht, also mit dem Sehen, wird der Strom abgeschaltet – erneut ein Hemmvorgang. Ein Sperrmechanismus, der in den Zellen die chemischen Signale in elektrische Reize wandelt.
Auszug: formatio naturalis, Auf den Spuren der Gestaltungskunst der Natur und was wir von ihr lernen können von Sybs Bauer
Seite 107/108